Mariengras - Pflanze der Göttin & Rau(ch)nächte
- Laura Deichl
- 18. Nov.
- 3 Min. Lesezeit
Das süßliche Mariengras. Eine der heiligen alten Räucherpflanzen, die eigentlich in jede Rauhnachtsräucherung gehört. Wie der Name schon sagt, war es schon immer der Großen Göttin geweiht, und wirkt unglaublich segnend und herzöffnend.

Das süßliche Mariengras (Hierochloe odorata; bei den Germanen entsprechend Freyagras) kennt man wohl vor allem von den Urvölkern Nordamerikas, wo es schon seit Urzeiten zu Zöpfen geflochten und zum Räuchern verwendet wird. Doch war es auch bei uns immer heimisch und ist eine der heiligen alten Räucherpflanzen, die eigentlich in jede Rauhnachtsräucherung gehört. Wie der Name schon sagt, war es schon immer der Großen Göttin geweiht, sei es eben Freya oder später Maria. Es wirkt unglaublich segnend und herzöffnend.
Süßgras, zirkumpolare Pflanze
Da Mariengras (Hierochloe odorata), seinem süßlichen Geruch nach auch genannt Sweet grass, Süßgras, Honiggras oder Vanillegras, wächst zirkumpolar in Nordamerika und Eurasien auf feuchten Böden wie Niedermooren. In seiner Blüte, eher unauffälligen, glänzenden Rispen, steht es zwischen April und Juni. Es wird bis zu 70 cm hoch. Verwandt ist es mit dem ebenso bekannten Ruchgras (Anthoxanthum officinalis) und auch dem Alpenruchgras (Anthoxanthum alpinum), die man ebenso zum Räuchern verwendet.
Den süßlichen Geruch hat das Mariengras vor allem seinem hohen Gehalt an den aromatischen Cumarinen zu verdanken (die kennt man auch von Heu, Waldmeister, Vanille oder Tonka). Er entfaltet sich jedoch (wie beim Waldmeister) erst im Trocknungsprozess. Cumarine wirken heilkundlich beruhigend, entspannend, blutverdünnend und gerinnungshemmend, können aber bei zu hohen Dosierungen Kopfschmerzen und Schwindel hervorrufen.


Kulturelle Bezüge
Das Mariengras war immer eine alte heilige Pflanze. Das zeigt schon sein Name, heißt im Griechischen hieros 'heilig' und chloe 'Gras, Schössling'. Ebenso finden wir in anderen Sprachen diese Bedeutung, wie im Englischen holy grass oder im Niederländischen heiliggras. Zudem war es immer der Großen Göttin geweiht, war es doch Sinnbild des Wachstums, der Fruchtbarkeit und der Erneuerung. Bei den Germanen war das Freya. Ihr zu Ehren wurde es als Rauchopfer dargebracht und unters Bett gelegt sollte es die Liebeslust wecken. Später im Christentum entspricht die Göttin dann Maria. So finden sich neben Mariengras und Freyagras unter anderem Bezeichnungen wie Liebfrauengras oder aus dem Finnischen übersetzt Jungfrau-Marien-Blume. So findet man es teilweise auf alten, mittelalterlichen Darstellungen von Maria. Auch wurde es hier noch bei wichtigen Festen wie Fronleichnam vor die Kirchentüren auf den Boden gestreut.
Zudem zählte das Mariengras immer zu den sogenannten Bettstrohkräutern der Gebärenden und Wöchnerinnen. Neben seiner bakteriostatischen, entspannenden und beruhigenden Wirkung, war es hier natürlich zudem die Kraft der Großen Göttin, die den gebärenden Frauen zur Seite gerufen wurde. Den Kleinkindern wurde es in die Wiege gestreut.
In Nordamerika wurden mit dem Mariengras Pfeile, Schilde, Rasseln, Kleidung und Medizinbündel geräuchert, um ihnen Kraft zu verleihen. Ebenso wurde das Mariengras dort bei starken Gewittern verräuchert (wie bei uns unter anderem die Königskerze). In Mischung mit anderen Sakralpflanzen wurde es in den Friedenspfeifen geraucht, im Hochsommer im rituellen Kontext verbrannt, um sich mit den hohen Geistmächten zu verbinden.
Räucherpflanze der Rauhnächte
Zusammen mit dem Fichtenharz, dem Wacholder und dem Beifuß gehört das Mariengras als heilige Pflanze zu den Substanzen, die bei uns schon seit Urzeiten während der Rauhnächte verräuchert werden. Beim Räuchern verströmt es seinen charakteristischen, süßlichen Geruch und wirkt unglaublich beruhigend, segnend, entspannend und herzöffnend. Zudem ehrt es natürlich die Große Göttin, denn in deren Urmutterbauch wird ja zur Wintersonnwende das Licht wieder geboren.
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Empfehlung:
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Weiterführende Literatur:
Bader, Marlis (2003). Räuchern mit heimischen Kräutern. 13. Auflage. Kösel Verlag, München.
Storl, Wolf-Dieter (2023). Naturrituale. Mit schamanischen Ritualen zu den eigenen Wurzeln finden. 13. Auflage. AT Verlag, Aarau und München.
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HINWEIS: Diese Informationen ersetzen nicht die Beratung eines Arztes, Apothekers oder Heilpraktikers. Alle erwähnten Heilpflanzen haben wissenschaftlich belegte Wirkungen oder haben ihre Tradition in der überlieferten Heilkunde und werden schon lange erfolgreich eingesetzt.






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